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24.03.2020

Der Leiter des Corona-Krisenstabes Kreisdirektor Theo Melcher beantwortet einige Fragen zur aktuellen Situation im Kreis Olpe (24.03.2020)

 

Im Kreis Olpe gibt es vergleichsweise nur wenige bestätigte Corona-Erkrankungen. Wie erklären Sie sich das?

Theo Melcher:
Dies liegt vor allem daran, dass uns die Untersuchungsergebnisse der Labore leider erst mit einer zunehmenden zeitlichen Verzögerung erreichen. Erhielten wir bei den ersten Testungen die Ergebnisse noch innerhalb von 48 Stunden dauert es inzwischen bis zu einer Woche, bis uns Ergebnisse mitgeteilt werden. Wir arbeiten aktuell mit Hochdruck daran, weitere Laborkapazitäten zu finden, um diesen Prozess deutlich zu beschleunigen. Zielsetzung ist es dabei, die Ergebnisse in 48 besser 24 Stunden zu bekommen. Das wird natürlich mit steigender Zahl der Testungen immer schwieriger. Und wir schaffen mittlerweile bis zu 120 Tests pro Tag. Selbst das könnten wir theoretisch noch ausbauen. Doch ein Test nützt nur, wenn auch zeitnah eine Laboruntersuchung erfolgt und das Ergebnis mitgeteilt wird.
Wegen des Rückstaus sind uns heute 15 neue Fälle gemeldet worden. Aktuell haben wir damit 34 bestätigte Fälle. Im Übrigen ist die Fallzahl auch vergleichbar mit denen in Siegen-Wittgenstein und dem Märkischen Kreis. Die Fallzahl ist aus statistischen Gründen und zum Controlling der eingeleiteten Maßnahmen (Stichwort: Quarantäne und Kontaktverbote) sicher wichtig. Wichtiger für einen Erkrankten ist jedoch, dass ihm geholfen wird. Auf eine Testung kommt es dabei nicht an. Alle Fachleute gehen davon aus, dass die Zahl der von Corona bereits Infizierten ein Vielfaches der festgestellten Fälle ist. Und die Virologen machen dies ja zur Voraussetzung, dass die Sache in den Griff bekommen wird. Sie sprechen von „Herdenimmunität“ und dass dafür 60 bis 70 % der Bevölkerung einmal von dem Virus befallen sein müssen. 

Viele Betroffene fragen sich, warum es von der Überweisung des Hausarztes bis zur Testung einige Tage dauert bzw. gedauert hat. Woran liegt das?

Theo Melcher:
Tatsächlich mussten wir zunächst die Abläufe und Strukturen für die Abarbeitung der Fälle aufbauen. Denn eine Gesundheitsbehörde ist auf den Normalfall ausgerichtet. Wir mussten also Personal aus anderen Bereichen abziehen und für die Aufgaben im Bereich Corona vorbereiten und schulen. Das hat gut geklappt und wir sind jetzt gut aufgestellt. Bei den ersten Erkrankungsfällen konnten wir die Testungen noch vor Ort in den Wohnungen der Patienten durchführen. Dies war jedoch bei den steigenden Fallzahlen nicht mehr möglich. Inzwischen erfolgt die Abstrichentnahme dank der Unterstützung des Deutschen Roten Kreuzes an zwei zentralen Stellen in Olpe und Lennestadt. Dort werden die Personen vom Gesundheitsamt  mit Termin hinbestellt. In Ausnahmefällen bei nicht mobilen Patienten wird aber auch noch der Fahrdienst eingesetzt. Wichtig ist, jeder der getestet wurde, bekommt definitiv einen Anruf von uns. Dann, wenn das Ergebnis vorliegt.

Zum Verständnis: Wann wird ein Test durchgeführt?

Theo Melcher:
Corona-Tests werden vom Gesundheitsamt ausschließlich auf ärztliche Veranlassung durchgeführt. Deshalb muss jede Person zunächst telefonisch Kontakt mit dem Hausarzt aufnehmen. Der veranlasst die Testung und orientiert sich dabei an festgelegten Kriterien. D.h. nicht jeder, der auch Symptome hat, also etwa an Husten und Schnupfen leidet oder Fieber hat, wird auch getestet. Bisher muss die Person zudem engeren Kontakt zu einem von einem Labor bestätigten Coronavirus-Erkrankten gehabt oder sich bis 14 Tage vor Erkrankungsbeginn in einem vom Robert-Koch-Institut festgelegten Risikogebiet aufgehalten haben. Ganz aktuell wurden heute die Richtlinien für die Testung vom Robert-Koch-Institut angepasst und das Kriterium „Rückkehr aus Risikogebiet“ ist entfallen.
Immer wieder hören und lesen wir allerdings in den Medien, dass es wünschenswert wäre, wenn möglichst alle mit grippeähnlichen Symptomen getestet werden würden. Insbesondere Personen, die Krankheitssymptome aufweisen, möchten Klarheit und verstehen oftmals nicht, dass sie nicht getestet werden sollen. Doch uns allen muss klar sein, das geht – zumindest aktuell - nicht. Hundertausende von Menschen in Deutschland zu testen schaffen wir nicht. Das geben die Kapazitäten einfach nicht her. 

Wie gehen Sie selbst mit der Situation um? 

Theo Melcher:
Ich wurde, wie alle, vor etwa 14 Tagen aus meinem mir vertrauten Leben gerissen. Ein scheinbar weit entferntes Virus fand den Weg zu uns und spätestens seit der Fernsehansprache von Angela Merkel war mir klar, es ist anders als alles bisher Dagewesene in der Bundesrepublik. So etwas führt natürlich zu innerer Anspannung und Unsicherheit. Davon soll man sich nicht freisprechen. Doch wichtig war mir, dazu ein rationales Verhältnis zu erlangen. Ich glaube, dies ist mir gelungen. Ich vertraue den führenden Virologen in Deutschland. Für die allermeisten von uns also verlaufen Erkrankungen grippeähnlich und eher harmlos. Manche haben sogar gar keine Symptome.

Warum sind dann all die tiefgreifenden Maßnahmen erforderlich, die gerade unser gewohntes Leben drastisch einschränken? 

Theo Melcher:
Nach Auffassung der Fachleute ist das Coronavirus vor allem gefährlich für ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen. Im Gegensatz zu einer Influenza haben wir es zudem mit einem Virus zu tun, das neu ist und daher nach Aussage der Virologen nahezu alle infizieren wird. Und dies in kurzer Zeit, weil es eine exponentielle Entwicklung gibt, sich also die Zahl der Infizierten in kurzer Zeit jeweils verdoppelt. Die rasche Verbreitung macht uns die Sorgen. Denn wenn in kurzer Zeit viele Menschen erkranken, wird es auch relativ viele Ältere und Vorerkrankte betreffen. Davon brauchen dann viele eine stationäre Behandlung, teilweise sogar eine intensivmedizinische. Leider haben wir heute erfahren, dass wir im Kreis Olpe den ersten Fall mit einem schwierigen Krankheitsverlauf haben. Genau wegen solcher Fälle bemühen wir uns darum, entsprechende Behandlungskapazitäten auszuweiten. Alle Maßnahmen laufen darauf hinaus, die Zeit, in der wir uns anstecken, zu strecken. Je länger es dauert, desto mehr Menschen können auch stationär behandelt werden. Das ist logisch.
Und wir alle können etwas dafür tun! Wenn sich jeder so verhalten würde, als wäre er selbst schon Träger des Virus, er also Abstand zu anderen hält und alle Hygienemaßnahmen ergreift, dann werden wir die Ausbreitung sicher verlangsamen. So gewinnen wir Zeit. Kostbare Zeit für die Älteren und Vorerkrankten! Nichts anderes als pure Selbstverständlichkeit, wie ich finde.

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